Sie hatten bei unserem deutschen Angelguide von Tysnes Sjø og Fritid in Uggdal / Tysnes südl. von Bergen eine Angeltour gebucht, da sie selber etwas erfolglos waren. Das es sich gelohnt hat, kann man hier lesen!
Riesenleng am Björnafjord
Die Namen der Truppe aus Eich am Rhein: L. Wüsthoff, L. Herrmann, H. Schlich, G. Kutschki, R. Maurer, G. Kneifl. Am 5.6.2003 ging es endlich los – unser Kleinbus war vollbepackt, die lange Zeit des Wartens, die Zeit der anglerischen Vorbereitungen (Pilkereigenbau, knüpfen von Vorfächern etc), die Zeit vieler nächtlicher Wunschträume von den ganz Großen des Björnafjords war endlich vorbei.
“Ralle”, sicherlich den meisten im Anglerboard bekannt, war schon mehrfach am Björnafjord, unserem diesjährigen Urlaubsziel und hatte uns für unsere Vorbereitungen bereits per Telefon und E-Mail gute Tipps gegeben. Er war auch dieses Jahr wieder dort und zwar schon zwei Wochen vor uns. Wie wir im Board ja schon lesen konnten, fuhr er kurz nach unserer Ankunft sehr zufrieden und mit gefüllten Fischkisten wieder nach Hause.
Wir, sechs Angelfreunde aus Eich Andernach am Rhein, haben diesem einwöchigen Angelurlaub regelrecht entgegengefiebert, so als hätten wir geahnt, dass wir etwas vielleicht Einmaliges erleben würden. Rechtzeitig und ohne Stau kamen wir in Kiel an, um von dort mit der ColorLine nach Oslo zu schippern. Problemlos wurde eingecheckt und bei blauem Himmel an Deck die Ausfahrt aus der Kieler Förde genossen. Nach ruhiger Fahrt, etwas Anglerlatein und bei einigen Bierchen kamen wir am anderen Morgen gut ausgeruht in Oslo an. Wir hatten bewusst die Fährverbindung Kiel – Oslo und nicht Hanstholm – Bergen gewählt, um die Traumstrecke von Oslo Richtung Bergen zum Björnafjord genießen zu können. Es waren unvergessliche Eindrücke, die wir während der ca. 9stündigen Autofahrt in uns aufnehmen konnten. Wir waren gewaltig beeindruckt von der unvergleichlich schönen Landschaft mit den herrlichen Wasserfällen, Flüssen und Fjorden. Sonnenschein, blühende Wiesen und Bäume, grüne Berghänge auf den ersten 300 Kilometern wurden in den Bergen abgelöst von einer fast schon unwirklich wirkenden Winterlandschaft mit schroffen Felsmassiven, schneebedeckten Berggipfeln und Gletschern. Schlechtes Wetter (wie konnte es auch anders sein) empfing uns dann am frühen Abend an unserem Zielort – in Nordveitgrend am Björnafjord.
Nachdem wir unser Auto entladen und die Schlafzimmer des Ferienhauses aufgeteilt hatten, machte sich sofort jeder von uns eine Angel fertig, um den Fjord einem ersten Test zu unterziehen. Mit den beiden doch recht kleinen Booten mit 9,9 PS Motoren wurde eine erste kurze Erkundungsausfahrt zu einer Stelle unternommen, wo nach Aussagen unseres Vermieters angeblich gute Köhler nur darauf warteten, von uns gefangen zu werden. Schnell wurden wir jedoch eines besseren belehrt, die Köhler hatten scheinbar auf alles andere Appetit, nur nicht auf unsere Haken. Nachdem wir beim Schleppen einige Makrelen und Pollacks auf die Schuppen legen konnten und somit genügend Naturköder für die nächsten Tage hatten, fuhren wir vom ersten Angelerfolg doch ein wenig enttäuscht zu unserem Haus zurück. Doch wir waren ja gerade erst angekommen, es würde schon noch besser werden. Während am nächsten Morgen, am Pfingstsonntag, drei von uns wieder zum angeln auf den Fjord rausfuhren, fuhren zwei Freunde und ich nach dem Frühstück mit dem Auto nach Tysnes, um dort einen Angelguide (Michael Naunheim) aufzusuchen, der auf diversen Internet-Anglerseiten oft als hervorragender Fjordkenner und Angler gepriesen wird. Er und seine Frau Michaela stammen aus Deutschland. Die Beiden haben 1996 kurzentschlossen alle beruflichen Brücken hinter sich abgebrochen, um ihren Traum zu verwirklichen. Sie betreuen heute ein Angelzentrum in Tysnes und haben ihre damalige Entscheidung noch nie bereut. Wir hatten schon von zuhause aus telefonischen Kontakt mit Michael aufgenommen und angefragt, ob wir ihn für einige Stunden als unseren Guide verpflichten könnten. Er sagte uns zu, mit uns in den nächsten Tagen einmal auf den Fjord rauszufahren, um uns gute Lengstellen zu zeigen, sofern das Wetter mitspielen würde. Ralle, den ich gern einmal persönlich hätte kennen gelernt hätte, kam leider genau zu dieser Zeit, als ich mich in Tysnes befand, mit dem Boot bei meinen Freunden vorbei, um Ihnen noch persönlich einige gute Tipps zu geben (Ralle nochmals besten Dank für deine Bemühungen).
Pfingstmontag spielte das Wetter allerdings vollkommen verrückt, ein Temperatursturz von 23 auf 12 Grad mit viel Wind und Hagelschauer überraschte uns, so dass an angeln gar nicht zu denken war. Ja sollte das denn die ganze Woche so weiter gehen, sollten alle Vorbereitungen für die Katz gewesen sein? “Petri sei Dank” war das jedoch nicht so, am Dienstag, dem 10. Juni, wurde das Wetter wieder etwas besser und wir konnten dann endlich mittags um 14.00 Uhr mit unserem Angelguide Michael bei leichtem Nordostwind und bedecktem Himmel hinaus auf den Fjord fahren. Michael war davon überzeugt, dass wir ein paar gute Angelstunden erleben würden. Er sollte recht behalten – und wie! Nach ca. 30minütiger Bootsfahrt erreichen wir das von Michael angesteuerte Ziel. Auf beiden Booten werden die bereits während der Fahrt mit Makrelenfetzenköder bestückten 500 – 700 g Pilker abgelassen. Helmut befestigt zusätzlich an seinem mit Leuchtfarben gefärbtem gelb-roten Blinker ein Knicklicht. Die selbstgeküpften Vorfächer haben die Stärke 1.0 (Monofil) und als Hauptschnur verwenden wir 0.32er Geflochtene. Zusätzlich zu den mit Makrelenfetzen bestückten Pilkern angeln wir mit einem Beifänger mit jeweils zwei Haken, die beide gleichzeitig in einen großen Makrelenfetzen befestigt werden. Laut Michael sollen die Makrelen vor dem angeln unbedingt eingefroren gewesen sein, da sie nur nach gefrorenem Zustand einen bestimmten Stoff absondern, der Fische zum Beißen anregt. Wir beginnen bei ca. 130 m Tiefe und treiben allmählich ab bis auf eine Tiefe von gut 200 m. Schon nach wenigen Minuten kündigt bei meinem Schwager Rudi, der in dem zweiten Boot sitzt, ein leichtes wippen der Rutenspitze einen Biss an. Er setzt zur rechten Zeit den Anschlag und der Fisch hängt. Nach wenigen Minuten kommt ein kleiner Lumb von ca 70 cm zu Vorschein. Während unsere Freunde im anderen Boot noch das Lümb`chen begutachten, beginnt in unserem Boot Helmuts Rutenspitze leicht zu vibrieren, voller Konzentration beugt er ein wenig vor. Eine kurze Zeit ist keine Bewegung mehr an der Rutenspitze erkennbar und Helmut flucht schon leise vor sich hin. Plötzlich bewegt sich jedoch die Rutenspitze mit einem starken Ruck nach unten und sofort setzt Helmut den Anschlag – auch dieser Fisch hängt am Haken. Schon nach kurzem Drill wird erkennbar, dass zwar kein ganz Großer aber doch ein mittelprächtiger Fisch angebissen hat. Nach wenigen Minuten taucht neben unserem Boot ein schöner Meterleng auf. Kopfschüttelnd stellen wir nun fest, dass wir vergessen haben – man glaubt es kaum – unsere Gaffs mit in die Boote zu nehmen. Na ja, Fische dieser Größenordnung bereiten ja auch ohne Gaff kein Problem; doch was soll werden, wenn wirklich ein Superfisch anbeißt. Da die Drift doch recht stark ist, starten Michael und auch unsere Angelfreunde auf dem zweiten Boot kurz darauf wieder den Motor und wir fahren an unseren Ausgangspunkt auf 130 m Tiefe zurück, die nächste Drift kann beginnen. Schon wieder haben unsere Freunde im zweiten Boot den ersten und auch den zweiten Biss zu verzeichnen, doch diesmal gelingt es Rudi und auch Micky nicht, den richtigen Zeitpunkt für den Anschlag zu treffen und sie können leider ihr anglerisches Können nicht unter Beweis stellen. Nur kurze Zeit später erneute Spannung in unserem Boot, Michaels Rutenspitze beginnt zu zittern und kurz darauf schlägt die Spitze kräftig nach unten aus. Mit all seiner Erfahrung setzt Michael gekonnt den Anschlag – gelernt ist halt gelernt. Wenige Minuten später liegt ein zweiter Meterleng in der Fischtonne. Na, das beginnt doch für den Anfang schon richtig gut, oder?
Danach folgen zwei Drift`s ohne jeglichen Fischkontakt. Wir beschließen noch eine Drift zu versuchen, bevor wir dann eine andere windgeschütztere Stelle aufsuchen wollen, da der Wind doch merklich auffrischt. Was dann bei dieser Drift folgt, ist allerdings der absolute Hammer. Viele Angler träumen davon, doch leider werden nur wenige etwas Vergleichbares erleben. Kaum beginnt die neue Drift, als ich schon beim Ablassen des Pilkers auf ca. 50 m Tiefe einen Ruck an meiner 25er geflochtenen Schnur verspüre. Nach kurzem Drill kann ich einen schönen Schellfisch von ca. 3 kg auf die Schuppen legen. Ich betrachtete noch stolz den ersten Schellfisch meiner Anglerlaufbahn, als sich Helmut`s Rutenspitze wieder sacht auf- und ab bewegt. Helmut (der Vorsitzender unseres Angelvereins “ASV Petri Heil Eich”) hält als inzwischen ja vermeintlich lengerfahrener Angler seine 2,70 m Angelrute der Marke Sänger (Super- hev- High Carbon, Lure WT 250 – 500) ruhig und lässig in der Hand und zieht genüsslich an seiner Zigarette, als plötzlich seine Rutenspitze mit einem gewaltigen Ruck nach unten ausschlägt. Sofort setzt er einen perfekten Anschlag – was nun folgt ist Wahnsinn pur. Es reißt ihm fast die Angelrute aus der Hand. Die Rute biegt sich so stark bis unter unser Boot, dass wir schon denken, sie würde brechen. Die Bremse der untenhängenden Mulirolle von Cormoran (Corboss 30 SL) ist relativ hart eingestellt und Helmut will sie schnell etwas weicher stellen. Doch Michael, unser erfahrenen Angelguide, schreit ihn sofort an, er soll die Finger von der Bremse lassen und den Fisch nur auf Spannung halten. Er sagt aufgrund seiner Erfahrung sofort voraus, dass es ein ganz großer Brocken sein muss, der da angebissen hat. Der Fisch zieht immer wieder trotz hart eingestellter Bremse in die Tiefe, schlägt eine Flucht nach der anderen, 10 – 20 Meter Schnur zieht er von der Rolle, als gäbe es überhaupt keine Bremse. Minutenlang kann Helmut den Fisch nur auf Spannung halten und keinen Meter Schnur einholen. Doch irgendwann lässt die Kraft auch beim stärksten Fisch nach und Helmut beginnt zu pumpen und zu kurbeln. Auf den ersten 30 Metern liefert der Fisch weiterhin erbitterten Widerstand und auch Helmut`s Kräfte beginnen allmählich zu erlahmen. Michael schreit ihn jedoch immer wieder an: “Junge du hast die Chance auf den Fisch deines Lebens, lasse nicht locker, du schaffst es, du wirst es später bereuen, wenn dir nun jemand hilft”. Unsere Angelfreunde in dem zweiten Boot sind inzwischen bis auf ca. 20 – 30 Meter an unser Boot herangekommen, um ebenfalls alles genau beobachten zu können. Michael murmelte immer wieder vor sich hin: “Das ist ein garantiert ein Leng, der sicherlich größer als 1,50 ist, wahrscheinlich größer als mein bisher Größter” (sein persönlicher Rekordleng maß übrigens 1,74 m). So nach und nach ermüdet nun der Fisch immer mehr und stellt seinen Widerstand allmählich ein. Die Spannung steigt ins Unermessliche – wann kommt er endlich an die Oberfläche, wann ist er endlich zu sehen. Michael ruft nun unseren Freunden auf dem zweiten Boot zu, sie sollen mindesten 30 m zur Seite fahren, da nach seiner Einschätzung der Fisch genau da hochkommen wird, wo sie mit ihrem Boot stehen – und er sollte Recht behalten. Helmut pumpt und dreht den Fisch die allerletzten Meter hoch, ihm schmerzen inzwischen nicht nur gewaltig die Arme sondern auch der Rücken. Und plötzlich – wie aus dem Nichts – taucht er auf, vollkommen regungslos, ein wahrhaftiger Monsterleng. Weit hat er die Schwimmblase vor dem großen Maul und wir schauen ihn zuerst sprachlos an, bevor auf beiden Booten ein lauter Jubel ausbricht. Vorsichtig dreht Helmut die letzten Meter Schnur auf, zieht den Leng langsam bis ans Boot ran. Nun wird uns wieder voller Schrecken bewusst, das wir kein Gaff dabei haben. Doch Michael, unser Super-Angelguide beruhigt uns und sagt: “Der Leng, den ich nicht ins Boot bekomme, muss noch geboren werden”. Er beugt sich weit über den Bootsrand unserer kleinen Nussschale und packte den Riesenleng hinter den Kiemen, während ich mich als Kontergewicht über die andere Seite des Bootes lehne. Gemeinsam mit Helmut gelingt es ihm schließlich, den Monsterleng an Bord zu hiefen. Kopfschüttelnd schaut Michael den Riesen an und sagt zu Helmut: “Junge du kannst es noch drei Menschenleben lang versuchen, solch einen Leng wirst du nie mehr fangen”.
Der Leng muss übrigens wenige Wochen vorher schon einmal am Haken gehangen haben, da er noch einen recht blanken Beifängerhaken (Gummimak) mit Vorfach im Maul hatte. Da der Wind inzwischen immer mehr auffrischt, beendeten wir das Fischen im tiefen Wasser und steuern unsere Boote etwas dichter unter Land. Dort fangen wir im Mittelwasser noch einige schöne Köhler und fahren dann überglücklich zurück zu unserem Ferienhaus. Der Leng wurde nun voller Spannung vermessen und gewogen. Er war genau 1,80 m lang, hatte also die Maximallänge, die ein Leng laut aller uns bekannter Beschreibungen erreichen kann. Er wog gut 30 kg, dass ist unseres Erachtens bei dieser Länge allerdings relativ wenig, da Lengs dieser Größe bis zu 40 kg schwer werden. Wir führen das darauf zurück, dass er wegen dem Haken mit Vorfach, den er ja noch im Maul hatte, wahrscheinlich in den letzten Wochen vom Fressverhalten her etwas gestört war. Angelguide Michael und auch Einheimische meinten, ihres Wissens seien zwar schon einige schwerere, aber noch nie ein längerer Leng in dieser Gegend gefangen worden.